Der Erste Teil des Dritten Kapitels des BauGB regelt die

Wertermittlung.



Verkehrswert (§194) wird durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr zu erzielen wäre.

Bodenrichtwerte (§196) sind durchschnittliche Lagewerte des Bodens aufgrund einer Kaufpreissammlung (§195) unter der Vorstellung, dass der Boden unbebaut wäre.

Die Stadt Alfeld hat den Gutachterausschuss (§195) beauftragt, der in seiner Sitzung am 14.9.1994 ein Gutachten beschlossen hat, das er als VERKEHRSWERTGUTACHTEN bezeichnete und aus uns nicht bekannten Gründen in einer weiteren Sitzung am 22.11.1995 hinsichtlich der Anfangs- und Endwerte überprüfte bzw. ergänzte.

Die Stadt Alfeld (der Stadtdirektor) hat in einer Verfügung vom 21.7.1997/Schw. den Betroffenen die Erhebung von Ausgleichsbeträgen nach diesem Verkehrswertgutachten angekündigt und dabei ausdrücklich hervorgehoben: "Nicht verhandelbar ist die vom Gutachterausschuss festgestellte Wertsteigerung". Das Schreiben enthält das Angebot der Stadt, die angekündigten Forderungen unter Verwendung eines beigefügten Musters baldmöglichst freiwillig privatrechtlich abzulösen.

Hat der Gutachterausschuss die "Verkehrswerte", auf die die Stadt ihre Forderung gründet, nach den gesetzlichen Vorschriften ermittelt? - Zur Konkretisierung des § 194 ist die Wertermittlungsverordnung (v. 06.12.1988-BGB1 I 1988 S.2209) erlassen worden. Diese verlangt bereits eingangs im § 1, dass bei der Ermittlung der Verkehrswerte von Grundstücken die Vorschriften dieser Verordnung anzuwenden sind. Im §7 WertV wird vorgeschrieben, dass zur Ermittlung des Verkehrswerts das Vergleichswert-, Ertragwert-, Sachwert- oder mehrere dieser Verfahren heranzuziehen sind.

Aus dem Vorhandensein der Generalklausel des § 194 - Verkehrswert -und dem allgemeinen Vorrangverhältnis des §194 gegenüber der Wertermittlungverordnung (WertV) lässt sich folgern, dass auch neben den (klassischen) Wertermittlungsverfahren der WertV andere Methoden zur Anwendung gelangen können.

Theorien im Bewertungsrecht und im Wertevergleich sind ein weites Feld . Die gebäudeoriertierte Betrachtungsweise etwa steht der bodenorientierten Betrachtungsweise gegensätzlich gegenüber: Wird ein (unbebautes) Grundstück bebaut, verliert es den Charakter des Unbebautseins und wird "im gewöhnlichen Geschäftsverkehr" im Falle der Bebauung Baustein der Sachgesamtheit "Grundstück" und unterliegt damit der Betrachtungsweise eines (einheitlichen) Vermögensgegenstands.

Alle diese Wertermittlungsmethoden sind an lhren Ergebnissen, dem Verkehrswert, also dem Marktwert, zu ermitteln zu beurteilen. § 7 (1) letzter Satz WertV verlangt stets die Würdigung der Aussagefähigkeit der Ergebnisse. Man muss sich immer vergegenwärtigen, dass jede Wertermittlung, auch bei getreuster Anwendung der dafür entwickelten Grundsätze, immer nur eine Schätzung darstellt. Die Anwendung der WertV führt die Schätzung zu einem formellen Verfahren. des §194 BauGB "ohne Rücksicht auf ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse".

Infolge dieser Ungewissheiten ist die Einhaltung allgemeiner rechtsstaatlicher Anforderungen an die Wertermittlung von besonderer Bedeutung. Im Schrifttum werden etwa die folgenden Kriterien genannt:

a) Vollständige und inhaltlich richtige Beschreibung des Wertermittlungsgegenstandes,

b) Offenlegung und Erläuterung der verwendeten Grundlagen der Wertermittlung, und

c) abschließende sachgerechte Würdigung aller ermittelten Einzelergebnisse, aus denen dann der Verkehrswert schlüssig ermittelt werden muss.


Weitere Verfahren sind im Schrifttum beschrieben, etwa Schmalgemeier (Gruppierung nach dem Grundstücksertrag), Hagedorn (Wertableitung nach Punkten), Lappe (Verfahren mit Wertzuschlägen) Oelfke (Nds.Modell nach Kanngießer/Bodenstein)

Da dem Gutachterausschuss ein unmittelbarer Preisvergleich (wie gesetzlich vorgeschrieben) nicht möglich war, weil Kaufpreise für unbebaute Grundstücke im Sanierungsgebiet selten sind, hat er das Nds-Modell als Ermittlungsmethode ausgewählt.

1. Bei diesem Modell werden aber Kaufpreise nicht in großer Anzahl statistischer Daten auf das Gutachten-Ergebnis abgeleitet (Deduktion).

2. Bei den zwei Werten fehlt es an einer (von einander) unabhängigen Ermittlung.

3. Die unmittelbare Abhängigkeit des Endwerts vom Anfangswert bietet Raum für Beliebigkeit.

4. Der abschöpfbare Teil des Sanierungserfolges wird nicht isoliert.

5. Dem Klassifizierungsrahmen fehlt es an der erforderlichen Genauigkeit, die Subsumption zuverlässig durchzuführen.

Das Nds-Modell ist in der Rechtsprechung bekannt und gilt als anerkannt. Das Modell nach Kanngießer/Bodenstein ist aber ohne Zweifei nicht nach § 7 (1) Satz 2 WertV einer Abschlusskontrolle unterzogen worden. Die WertV verlangt außerdem eine Würdigung der Aussagefähigkeit. (Plausibilitätskontrolle).

Dies wird durch den Presseartikel "Häuser ohne Wert...?!" eindeutig belegt, wonach der für die Berechnung der Stadt zugrunde gelegte Wert für den Boden fast ganz dem Kaufpreis entspricht, den der Käufer für das ganze Grundstück (also einschließlich beider Gebäude) gezahlt hat. Das bedeutet einen Wertzuwachs von 60 DM/m2 allein weil die Straßenoberfläche verändert wurde.

Die Planungen der "umfassenden" Sanierung der Stadt Alfeld bezogen sich auf den Straßenbau. Schon vor Beginn entschied sie, die gesetzlich verankerte "Mitwirkung" (§137) der Betroffenen in einem Kurzgutachten vom 19.5.1987/Doe negativ und bemerkte im Schlußabsatz ..,"da im Rahmen der vorgesehenen Stadtsanierung lediglich eine Veränderung der Straßen- und Platzräume geplant ist". ...

Auch das Verw. Gericht Frankfurt a.M. (v. 25.08.99 - 8G3502/98 ( 3 )) äußert gewichtige Bedenken und bemerkt in einem Leitsatz, es halte es nicht für feststellbar, "dass die Berechnungsmethode nach Kanngießer/Bodenstein bei der Ermittlung sanierungsbedingter- Bodenwerterhöhungen generell zu sachgerechten Ergebnissen führt".

Dem Verw. Gericht Hannover liegt der Antrag vor, das Nds-Modell nicht allgemein als Wertermittlungsverfahren anzuerkennen. Mit Hilfe der Analyse soll erreicht werden, dass das Gericht die Methode für den Straßenbau für untauglich ansieht.