...ausgleichen...?


Wie ist es eigentlich zum terminus technicus "Ausgleichsbetrag" im BauGB gekommen? Rein semantisch kann man sich bei "ausgleichen" eine Waage vorstellen, die auf beiden Flächen "gleich" belastet ist. Die Deutung "Äquivalent" der Verdener Gutachten aber führt nicht zum Ziel.

Blättert man im Gesetzgebungsverfahren zum StBauFG, so sieht man, dass der Gesetzgeber im Anfang der Entwickelung des Gesetzes die völlige Umgestaltung eines städtebaulichen Gebiets und wesentliche Verbesserungen zur Behebung der städtebaulichen Mißstände aus der frühen Nachkriegszeit im Auge hatte. Solche Neugestaltung von Grund und Boden erschien - ohne (vorübergehenden) Übergang des Eigentums auf die Gemeinden - nicht durchführbar. Die weichenden Eigentümer erhalten ihre Grundstücke nach einem Eigentumswechsel zu einem Preis zurück, der eine durch Sanierung erzielte Wertsteigerung einschließt. Zum "Ausgleich" mußte von den nicht an dem Eigentumswechsel teilnehmenden Eigentümern eine etwa eingetretene Wertsteigerung des Grundbesitzes abgeschöpft werden. - So ist der "Ausgleichsbetrag" entstanden.

Diese Erkenntnis über die Bedeutung des "Ausgleichs" lässt die Gutachter-Schätzungen niemals als "im öffentlichen Geschäftsverkehr" erzielbaren Preis akzeptabel ansehen: Die gutachtlich festgestellten Steigerungen der amtlichen (§196) Bodenrichtwerte in AIfeld, Leinstraße Ende 1981: 230 DM, Ende 1982: 500 DM, Ende 1983: 800 DM also über 300% in zwei Jahren entsprechen wohl der Beliebigkeit des Nds.- Modells, nicht aber einer seriösen Wertermittlung. Wir sprachen in der Alfelder Zeitung daher von "präparierten Werten", um die Stadt zu einer Gegenargumentation zu veranlassen.

Die Gemeinde hat, bei der Aufstellung der Sanierungssatzung, wenn sie nicht das vereinfachte Verfahren (§142 (4)) wählt, die Verpflichtung, sich über die Vorhaben im Sanierungsgebiet einen Überblick zu verschaffen, schuldrechtliche Vertragsverhältnisse rechtsgeschäftliche Grundstücksveräußerungen und ähnliches schriftlich zu genehmigen. Die Stadt Alfeld hat auch frühzeitig Sperrvermerke in den Grundbüchern beim Amtsgericht beantragt. Deshalb dürfte ihr die Bedeutung des "Ausgleichs" auch nicht fremd sein.

Aus der Gutachterpraxis des DNotI - Informationsdienst des Deutschen Notarinstituts, 14/1996, Juli 1996 S.121:

Die Preisprüfung durch die Gemeinde bewirkt daher eine Preisberuhigung im Sanierungsgebiet (vgl. Schrödter/Köhler, a.a.O., § 153 Rn. 22). Mit der Preisprüfung soll verhindert werden, daß durch überhöhte Grundstückspreise die Preisstabilität im Sanierungsgebiet beeinträchtigt und die Preisvorstellung anderer Eigentümer und Erwerbswilliger beeinflußt wird. Überhöht im Sinne der Vorschrift ist dabei ein Preis, der nicht oder nur unzureichend berücksichtigt, daß nach Abschluß der Sanierungsmaßnahme ein der sanierungsbedingten Bodenwerterhöhung entsprechender Ausgleichsbetrag zu entrichten ist. Die Vorwegnahme der sanierungsbedingten Bodenwerterhöhungen bei der Veräußerung würde bedeuten, daß der Veräußerer "ungerechtfertigt" Gewinne aus der Sanierung davontrüge. Zudem soll unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes der Erwerber vor Doppelbelastungen geschützt werden, denn nach der bodenpolitischen Konzeption unterliegt der Erwerber eines Grundstücks in voller Höhe der Ausgleichsbetragserhebung, auch wenn er als Teil des Kaufpreises sanierungsbedingte Bodenwerterhöhungen bereits an den Veräußerer entrichtet hat (zum Ganzen vgl. Emst/Zinkahn/Bielenberg,"" Kommentar zum BauGB, Stand l. Mai 1995, § 153 Rn. 23).

Eine einfache Veränderung der Straßenoberfläche, wie von der Stadt Alfeld [Kurzgutachten des Referendars (und derzeitigen Rechtanwalts) Tekluck vom 19.5.1987/Doe] beabsichtigt und durchgeführt, führt weder zu einer Veränderung der Grundstücks-Nutzbarkeit (Merkmale: Bauerwartungsland, Rohbauland, baureifes Land) noch zur Änderung subjektiv/dinglicher Rechte (Grunddienstbarkeiten, Wege- und Leitungsrechte, Baulasten) oder ungesunden Lebensverhältnissen noch zur Erschließung von Grundstücken, wie es bei Sanierungen im oben bezeichneten Sinn zwangsläufig vorkommen kann. Wenn keine anderen Motive im Spiel sind ist bei normalem Geschäftsverlauf leicht erkennbar, dass die Veränderungen an der Erdoberfläche in der Alfelder Leinstraße kaum Grundstückswerterhöhungen nach sich ziehen können, schon gar nicht in 6-stelliger DM-Höhe.