Beklage an OVG am 22.01.2002
In der Verwaltungsrechtssache Fiedler ./.Stadt Alfeld -1 MA 4153/01-

beantragt die Antragsgegnerin innerhalb der weiter erbetenen Frist,

den Antrag des Antragstellers, die Beschwerde gegen den Beschluss des VG Hannover vom 23.11.2001 zuzulassen, abzulehnen.

Der Zulassungsantrag ist unbegründet. Mit ihm wird allein der Zulassungsgrund nach §§ 146 Abs. 4, 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO geltend gemacht. Es werden also "ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Beschlusses" geäußert. Diese bestehen indessen nicht. Das Verwaltungsgericht hat im Rahmen der Entscheidung nach § 80 Abs. 5 VwGO die Sach- und Rechtslage richtig beurteilt; es hat vor allem dem Beurteilungsmaßstab, der in § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO vorgegeben wird, zutreffend gesehen und angewandt. Die teilweise - gerade auch in der Form - heftige Kritik des Antragstellers ("offenkundig widersprüchlich", "evident unrichtig", "groteskes Ergebnis", "nicht ansatzweise plausibel", "absurde Erwägung" u.a.m.) vermag daran nichts zu ändern. Im einzelnen, und zwar - der Übersichtlichkeit halber - der Gliederung des Zulassungsantrages folgend:

I.
Damit muss ich mich nicht befassen.

II.
Es spricht in der Tat viel dafür, dass Vorauszahlungen auf Ausgleichsbeträge nur verlangt werden können, solange der Ausgleichsbetrag selbst noch nicht (endgültig) entstanden ist. Das entspräche der Rechtslage im Beitragsrecht, insbesondere im Erschließungsbeitragsrecht, wobei allerdings im Recht der städtebaulichen Sanierungsmaßnahmen eine dem § 133 Abs. 3 Satz 1 BauGB entsprechende Formulierung ("Für ein Grundstück, für das eine Beitragspflicht noch nicht oder nicht in vollem Umfang entstanden ist, können Vorausleistungen auf den Erschließungsbeitrag .....") gerade fehlt. Das mag aber auf sich beruhen, denn der Antragsteller schreibt selbst, dass die Sanierung noch nicht abgeschlossen sei. Davon kann in der Tat auch keine Rede sein, denn das würde voraussetzen, dass die Voraussetzungen der §§ 162, 163 BauGB erfüllt wären (§ 154 Abs. 3 Satz 1 BauGB). Dieser Zustand ist bislang nicht erreicht. Die Antragsgegnerin wird die Sanierungssatzung - nach dem derzeitigen Planungsstand - (erst) aufheben, wenn die Sanierung im Gesamtgebiet vollständig durchgeführt ist. Mit dem Eintritt dieses Zustandes rechnet sie unverändert für das Jahr 2005. Auch der Antragsteller geht davon aus, dass die beabsichtigten Maßnahmen nicht vollständig abgeschlossen sind. Wenn der Senat dazu weitergehenden Vortrag für erforderlich erachtet, bitte ich höflich um einen dementsprechenden Hinweis.

III.
Ich weigere mich anzunehmen, dass sich die Sanierungsziele der Antragsgegnerin (jedenfalls: allein und ausschließlich) aus dem Aktenvermerk eines Rechtsreferendars, der seine Verwaltungsstation bei der Antragsgegnerin absolviert hat, ergeben. Das gilt unabhängig davon, dass sich jener Aktenvermerk jenes Rechtsreferendars in der Nummer 8 "nur" mit der Frage der Bürgerbeteiligung befasste. Dass es der Antragsgegnerin im Grundsatz um die Sanierung einer Funktionsschwäche ging, die ihrerseits durch den fließenden und ruhenden Verkehr verursacht war, im übrigen um eine Verbesserung des Ortsbildes, habe ich bereits in Ziff. 1.) (Seite 3 ff.) meines Schriftsatzes vom 11. September 2000 dargelegt, dabei auch die maßgeblichen Unterlagen zitiert/überreicht, aus denen sich das so ergibt. Dementsprechend zielte das Funktionsschwächensanierungskonzept im Kern (und zulässig) darauf, die Funktionsschwäche gerade auch der Grundstücke in der Leinstraße (zu denen das Grundstück des Antragstellers gehört) durch bauliche und sonstige Maßnahmen im öffentlichen Verkehrsraum (für den fließenden und ruhenden Verkehr) zu beheben. Das gilt insonderheit für die Leinstraße, die ursprünglich in beiden Fahrtrichtungen Landesstraßenverkehr aufzunehmen hatte und deshalb ihre Funktion als angestammte Haupteinkaufsstraße der. Stadt Alfeld (Leine) nicht (mehr) erfüllen konnte. Demgegenüber traten in der Tat Sanierungsmaßnahmen auf privaten Grundstücken zurück. Sie wurden - wie in erster Instanz dargestellt - grundsätzlich nur durchgeführt, wenn dies von den Eigentümern beantragt wurde und Sanierungsmittel zur Verfügung standen. Wenn der seinerzeit tätige Rechtsreferendar das dahin zusammenfasste, dass "im Rahmen der vorgesehenen Stadtsanierung lediglich eine Veränderung der Straßen- und Platzräume geplant" sei, griff dies sicherlich entschieden zu kurz, war aber tendenziell (Funktionsschwächensanierung) nicht vollständig falsch. Was die Antragsgegnerin im einzelnen umgestaltete, ist erstinstanzlich von mir eingehend dargelegt. Es ist einigermaßen befremdlich, diesen detaillierten Vortrag dahin zu verkürzen, es sei um ^ "reine Erschließungsmaßnahmen" (was immer das sein mag), insbesondere um "Straßendeckenemeuerung pp." gegangen. Dieser Vortrag übersieht vor allem die Überplanung des fließenden und ruhenden Verkehrs und dessen anschließende grundlegende Umgestaltung, aus der u.a. die Leinstraße als Fußgängerzone hervorging (nachdem der fließende Verkehr umgelenkt und Flächen für den ruhenden Verkehr geschaffen/geändert waren).

IV.
Der Vorauszahlungsbescheid der Antragsgegnerin datiert vom 30. Mai 2000; er fußt entscheidend auf einer Besonderen Bodenrichtwertkarte vom 26.11.1998. Diese erachtet die Antragsgegnerin für hinreichend aktuell. Sie hatte den Gutachterausschuss - gerade auch wegen der beabsichtigten Erhebung von Vorauszahlungen - gebeten, sein Wertgutachten vom 22.11.1995 (bezogen auf den Wertermittlungsstichtag 31.12.1993) fortzuschreiben/zu aktualisieren. Dass es nicht erforderlich ist, bei der für die Bemessung einer Vorauszahlung unumgänglichen Prognose (des endgültigen Ausgleichsbetrages) zwingend auf den Zeitpunkt der Erhebung der Vorauszahlung (als Wertermittlungsstichtag) abzustellen, hat der Senat (wie das Verwaltungsgericht Bl. 8 des angefochtenen Beschlusses ausgeführt hat) längst entschieden. Dass es geradezu ein Verstoß gegen Denkgesetze wäre, Vorauszahlungen nach einem "Endwert des Jahres 2005" zu bemessen, liegt m.E. offen zu Tage. Damit würden in die Prognose weitere Unwägbarkeiten hineingetragen. Entschieden seriöser ist es hingegen, die Vorauszahlungen unter Ansetzung eines aktuellen oder zurückliegenden Wertermittlungsstichtages zu berechnen. Dass sich Anfangs- und Endwerte (und der Unterschiedsbetrag zwischen ihnen) dahinter zurück entwickeln, ist nicht denkgesetzlich ausgeschlossen, aber wenig wahrscheinlich (unabhängig davon allemal bei der endgültigen Veranlagung zu berücksichtigen). Jedenfalls steht jede Prognose auf einen deutlich in der Zukunft liegenden Zeitpunkt auf wesentlich schwächerem Fundament, basiert sie nämlich gerade nicht auf bereits gewonnenen Erfahrungswerten.

V.
Auch diese Kritik des Antragstellers an Verwaltungsgericht (und letztendlich auch am Gutachterausschuss) geht fehl. Der Gutachterausschuss hat gerade den Anfangswert letztendlich aus der Kaufpreissammlung abgeleitet, baut gerade auch insoweit auf seinem spezifischen Erfahrungswissen auf. Er hat die Besonderen Bodenrichtwerte für alle Wertzonen aus den ihm gemeldeten Kauffällen abgeleitet. Er hatte dabei allerdings in der Tat ein spezifisches Problem zu lösen, das sich generell in dicht bebauten Stadtkernen stellt. Insoweit verweise ich vor allem auf das Schreiben des Vorsitzenden des Gutachterausschusses vom 28. November 2000, das ich als Anlage mit meinem Schriftsatz vom 29. November 2000 vorgelegt hatte. Danach werden in eng bebauten Innenstadtlagen in der Regel keine gesonderten Kaufpreise für unbebaute Grundstücke mitgeteilt, weil solche unbebauten Grundstücke im Regelfall nicht "gehandelt werden". Deshalb, hat der Gutachterausschuss in einem von ihm im einzelnen beschriebenen Verfahren aus den für bebaute Grundstücke sehr wohl vorliegenden Vergleichsfällen im Verfahren der sog. Bodenwert-Abspaltung Kaufpreise für unbebaute Grundstücke ermittelt. Die von ihm so ermittelten Anfangs- und Endwerte hielt und hält der Gutachterausschuss - so der Kenntnisstand der Antragsgegnerin - für richtig, nämlich durch Vergleichsfälle belegt. Weiter gilt, dass - so wiederum der Kenntnisstand der Antragsgegnerin - der Gutachterausschuss durch die zwischenzeitliche Marktentwicklung (auch wenn es darauf bei strenger rechtlicher Betrachtung nicht ankommt) deutlich bestätigt worden ist. Dem Gutachterausschuss müssten an sich jedenfalls mehr als 30 Kauffälle für den Innenstadtbereich vorliegen, die seine Endwerte ausdrücklich bestätigen. Wenn der Senat dazu nähere Erläuterungen/Aufklärung wünscht, so steht der Vorsitzende des Gutachterausschusses dafür sicher zur Verfügung.

Die Kritik wird durch die Anlage AB2 des Schriftsatzes des Antragstellers vom 12. Dezember 2001 nicht unterlegt. Der Gutachterausschuss hatte ausweislich jener Anlage eine sehr kleine, zum Perkwall hin (also: rückwärtig) gelegene Freifläche des Grundstücks des Antragstellers zu beurteilen, die die Antragsgegnerin im Zuge des Ausbaus des Perkwalls zu erwerben plante. Deshalb ließ die Antragsgegnerin seinerzeit diese und eine Reihe ähnlicher Flächen begutachten, welche Flächen insgesamt entweder öffentliche Kurzzeitparkplätze oder aber private Stellflächen waren. Das ist im einzelnen z.B. S. 2 unten/S. 3 oben der Anlage AB2 nachzulesen. Dieses Gutachten als Beleg dafür anzuführen, der Gutacherausschuss habe seinerzeit das gesamte (oder auch nur das überwiegende) Grundstück des Antragstellers mit 220,00 DM/qm als Verkehrswert angesetzt, erachte ich für nicht seriös. Dazu rufe ich im übrigen in Erinnerung, dass eine jener Teilfläche vergleichbare Fläche von der Antragsgegnerin (der Besonderen Bodenrichtwertkarte folgend) mit einem Anfangswert von 450,00 DM/qm und einem Endwert von 486,00 DM/angesetzt wird (S. 2 unten meines Schriftsatzes vom 11. September 2000).

VI.
Im Schriftsatz des Antragstellers vom 18. Dezember 2000 vermisse ich die Ausführungen, die an dieser Stelle zitiert werden. Hier finde ich lediglich Ausführungen zu Mieteinbußen des Antragstellers, die sich jedenfalls in der Bodenwertentwicklung - gutachterlich belegt - nicht niedergeschlagen haben. Ansonsten legte der Antragsteller seinerzeit lediglich eine Anlage ASt 5 vor, die er- entgegen dem von ihm erweckten Anschein - ausschließlich selbst hergestellt hatte, die aber keinerlei Aussagekraft besitzt, weil völlig willkürlich Einsatzgrößen "zusammengewürfelt" wurden.

Der Gutachterausschuss begann seine einschlägige Tätigkeit (vgl. z.B. Ziff. 3 - S. 13 - meines Schriftsatzes vom 11. September 2000) sehr wohl mit individuellen Verkehrswertgutachten, indem er nämlich das Sanierungsgebiet in zahlreiche Wertzonen aufteilte und für diese Wertzonen individuelle Anfangs- und Endwerte ansetzte. Diesen Ansatz schrieb der Gutachterausschuss dann fort, und zwar bis hin zu der Besonderen Bodenrichtwertkarte per 26. November 1998.

VII.
Es ist sicher richtig, dass bei der Mehrzahl der bebauten Grundstücke der anteilige Wert für das Gebäude höher ist als der anteilige Wert für den Grund und Boden. Was daraus für den Streitfall folgen soll, ist allerdings bereits rechtlich unklar. Wie auch immer: Der Endwert für das Grundstück des Antragstellers würde sich - Ziff. 7, S. 6 oben meines Schriftsatzes vom 08. November 2000 - auf 412.128,00 DM für den Grund und Boden addieren. Auf diesen Grund und Boden ist ein 4-geschossiges Gebäude gesetzt, das in der untersten Etage ausschließlich gewerblich genutzt wird, und zwar in der Fußgängerzone von Alfeld (Leine). Der Antragsteller weist selbst darauf hin, dass sich das Gebäude - was tatsächlich zutrifft - im guten Zustand befindet, teilweise 1994/1995 aufwendig instandgesetzt/renoviert wurde. Die Vermietbarkeit bezeichnet er als - was ebenfalls richtig ist - gut. Deshalb (vgl. wiederum Ziff. 4 - S. 6 - meines Schriftsatzes vom 08. November 2000) macht der Wert des bebauten Grundstücks ein Mehrfaches des von mir erwähnten Betrages für den Grund und Boden (412.128,00 DM) aus, und zwar allemal das Dreifache. Das würde gerade auch bei einer Ertragswertbetrachtung gelten.

VIII.
Diesen Punkt erachte ich für ausgeschrieben. Ich vermag auf den Zulassungsantrag nichts weiter auszuführen. Gerade der Senat hat die Berechnungsmethode wiederholt gebilligt, wie das Verwaltungsgericht z.B. Bl. 10 seines Beschlusses richtig dargelegt hat.

IX.
Auch insoweit ist gesondert nichts zu erwidern. Ich verweise für die Antragsgegnerin nur pauschal auf meine Schriftsätze l. Instanz, die der Senat aber ohnedies auswerten wird.

(Dr. Grages) Rechtsanwalt


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