Zum Städtebauförderungsgestz (StBauFG) Broschüre der Stadt Alfeld an ihre Bürger vor der Sanierung 1985
Mitte der 90er Jahre wiederentdeckt im Archiv eines Alfelder Rechtsanwalts
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Die Sanierung nach dem Städtebauförderungsgesetz

Das Städtebauförderungsgesetz (StBauFG) ist am 01. August 1971 in Kraft getreten. Seitdem wurde das Gesetz durch die allgemeinen Novellierungen des Baurechtes im Jahre 1976 sowie 1979 geändert. Die letzte Änderung des Gesetzes ist am 01. Januar 1985 in Kraft getreten. Dieser Novellierung des Gesetzes gingen Überlegungen für die Vereinfachung und Beschleunigung von Sanierungsmaßnahmen voraus.

Bei der Verabschiedung des Gesetzes im Jahre 1971 standen vor allem zwei Ziele im Vordergrund: Die Einführung eines neuen bodenrechtlichen Instrumentariums, verbunden mit erweiterten Mitwirkungsmöglichkeiten der Bürger, und die Begründung eines finanziellen Engagements von Bund und Ländern für die Erneuerung und Anpassung von Städten und Gemeinden an veränderte städtebauliche Erfordernisse.

Der Geltungsbereich des Gesetzes ist beschränkt auf die besonderen städtebaulichen Sachverhalte der Sanierungsmaßnahmen in .Städten und Gemeinden, bei denen eine einheitliche Vorbereitung und zügige Durchführung im öffentlichen Interesse liegt. Im Interesse der Rechtsklarheit ist der räumliche und auch zeitliche Anwendungsbereich des Städtebauförderungsgesetzes auf Maßnahmen in solchen Gebieten begrenzt, die förmlich als Sanierungsgebiet festgelegt werden.

Sanierungsmaßnahmen sind Maßnahmen, durch die ein Gebiet zur Behebung städtebaulicher Missstande, Insbesondere durch Beseitigung baulicher Anlagen und Neubebauung oder durch Modernisierung von Gebäuden, wesentlich verbessert oder umgestaltet wird.

Die Beobachtung der kommunalen Praxis zeigt, dass in den Stadterneuerungszielen gegenüber der Zeit bei Verabschiedung des StBauFG ein deutlicher Wandel eingetreten ist. Im Wissen um die Tatsache, dass jede Sanierung Eingriffe in das Sozialgefüge und den engeren Lebensbereich der Bewohner zur Folge hat, wird zunehmend sorgfältiger abgewogen, ob die zur Beseitigung städtebaulicher Missstände erforderlichen Maßnahmen die Eingriffe in die Lebensverhältnisse der Bewohner rechtfertigen. Dabei spielen bewusstseinsbildende soziale Verflechtungen in Wohnquartieren und die Identifikationswünsche der Bewohner eine Rolle; der Wert einer Wohnung wird nicht allein von ihrem Grundriss oder ihrer Größe oder Ausstattung bestimmt, sondern auch von der Einbindung in ihre Umgebung. Die Sanierungsstrategie der Gemeinden verlagert sich tendenziell von der Flächensanierung - Abriss, Neuordnung, Neubau - zur Objektsanierung. Das gesetzliche Instrumentarium - Städtebauförderungsgesetz - muss daher flexibel genug sein, um auch Stadterneuerungsmaßnahmen mit stärkerer Betonung der Erhaltung gewachsener Bausubstanzen und überkommener Stadtstrukturen durchzuführen. Ob bei einer städtebaulichen Sanierungsmaßnahme eine Flächen- oder Objektsanierung als geeignetes Mittel zur Beseitigung städtebaulicher Missstände erscheint, hängt von den örtlich unterschiedlichen städtebaulichen und sozialen Verhältnissen und Zielvorstellungen ab.

Mit dem Städtebauförderungsgesetz ist den Städten und Gemeinden daher ein differenziertes rechtliches Instrumentarium zur Verfügung gestellt worden, das es ermöglichen soll, städtebauliche Missstände zu beseitigen und den engeren Lebensraum den gewandelten Wohnbedürfnissen und -ansprüchen anzupassen. Die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse sollen erfüllt, Stadterneuerung und Stadterhaltung miteinander verbunden und eine geordnete städtebauliche Entwicklung gefördert werden.

Die Festlegung eines förmlichen Sanierungsgebietes nach den Vorschriften des Städtebauförderungsgesetzes hat für die Bewohner dieses Gebietes - Grundstückseigentümer wie auch Mieter oder Pächter - verschiedene rechtliche Wirkungen. Diese können sich durch mögliche Eingriffe in die persönlichen Lebensumstände sowie die wirtschaftlichen und sozialen Bereiche auswirken. Da die Durchführung der Sanierungsmaßnahmen aber auch die Mitwirkung der Grundstückseigentümer erfordert, soll hiermit auf einige der wichtigsten gesetzlichen Bestimmungen hingewiesen werden.

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Hinweis für Mieter und Eigentümer!
Da der Wohnwert von Wohnungen nach den durchgeführten Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen erheblich gestiegen ist, ist in der Regel auch eine höhere Miete gerechtfertigt bzw. Belastung entstanden. Auf die Möglichkeit, diese Belastung zu mildem, soll an dieser Stelle besonders hingewiesen werden, da viele Bürger die gesetzlichen Möglichkeiten dazu noch nicht nutzen. Es besteht die Möglichkeit) nach dem Wohngeldgesetz Miet- oder Lastenzuschuß in Anspruch zu nehmen. Auf die Gewährung von Wohngeld besteht Rechtsanspruch!
Erschließungsbeiträge (§ 5 StBauFG)
Für die in einem förmlich festgelegten Sanierungsgebiet hergestellten, erweiterten oder verbesserten Erschließungsanlagen nach den Vorschriften des Bundesbaugesetzes werden keine Erschließungsbeiträge nach dem Bundesbaugesetz oder Straßenbaubeiträge nach dem Kommunalabgabengesetz erhoben. Dies gilt nicht für Kanalbaubeiträge, da die hierstellung von Schmutzwasserleitungen nicht zu den Erschließungsmaßnahmen im Sinne des Bundesbaugesetzes gehören. Hierfür sind, wenn Schmutzwasserleitungen verlegt werden, auch in einem förmlich festgelegten Sanierungsgebiet, Beiträge zu zahlen.
Ausgleichsbeträge (§ 41 StBauFG)

Vor dem Inkrafttreten des Städtebau Förderungsgesetzes fielen die durch Planungen und Investitionen der Städte bzw. Gemeinden entstandenen Werterhöhungen der Grundstücke den privaten Grundstückseigentümern ohne jede Gegenleistung zu. Planungsverluste musste die Stadt bzw. Gemeinde allein tragen. Eine Ausnahme stellt lediglich das Umlegungsverfahren nach dem Bundesbaugesetz dar, bei dem es möglich ist, Umlegungsvorleile abzuschöpfen.

Die Eigentümer von Grundstücken in einem förmlich festgelegten Sanierungsgebiet haben nach Abschluss der Sanierungsmaßnahme einen Ausgleichsbetrag in Geld an die Stadt bzw. Gemeinde zu entrichten, wenn sich der Wert des Grund und Bodens der Grundstücke durch die Sanierungsmaßnahmen erhöht hat.

Der Ausgleichsbetrag ist die Differenz des Wertes des Grund und Bodens, der sich für ein Grundstück ergeben würde, wenn eine Sanierung weder beabsichtigt noch durchgeführt würde (Anfangswert) und dem Wert, der sich aus der rechtlichen und tatsächlichen Neuordnung de" Grundstücke" ergibt (Endwert).

Der Ausgleichsbetrag wird nicht an den Kosten für die Ordnungsmaßnahmen usw. bemessen, sondern nach verschiedenen Einflussfaktoren, die sich auf den Wert eines Grundstückes auswirken. Dabei spielen z.B. die durch die Sanierung geschaffene Erschließung eines Grundstücke, bauliche Nutzung eines Grundstückes. u. a. eine entscheidende Rolle. Der Ausgleihsbetrag kann daher nicht mit Beiträgen verglichen werden, da in diesem Fall keine direkte Gegenleistung, die in Geld gewertet werden kann, der Erhebung gegenübersteht. Sinn und Zweck der Erhebung ist es, dass durch Maßnahmen der Allgemeinheit hervorgerufene Bodenwertsteigerungen nicht dem Eigentümer, sondern der Allgemeinheit zufallen sollen.

Grundsätzlich sind die Ausgleichsbeträge nach Abschluss der Sanierung, also nach Aufhebung der Satzung über die förmliche Festlegung eines Sanierungsgebietes zu erheben. Ausgenommen von der Erhebung eines Ausgleichsbetrages sind Grundstücke, die von dem Eigentümer im Laufe des Sanierungsverfahrens zu einem Verkehrswert erworben wurden, der die Wertsteigerung, und somit den Ausgleichsbetrag schon beinhalten. Ferner sind solche Grundstücke von der Erhebung des Ausgleichsbetrages nach Abschluss der Sanierung ausgenommen, für die der Ausgleichsbetrag durch eine besondere .Vereinbarung mit der Stadt bzw. Gemeinde abgelöst wurde.

Grundslücke, die in einem Umlegungsverfahren nach den Vorschriften des Bundesbaugesetzes liegen, werden ebenfalls nicht zu Ausgleichsbeträgen herangezogen, da die Wertabschöpfung bereits bei der Zuteilung der Grundstücke erfolgt.

Der Ausgleichsbetrag ist grundsätzlich nach Rechtskraft des Bescheides über die Höhe des Ausgleichsbetrages, d. h. 4 Wochen nach Zustellung an die Stadt bzw. Gemeinde zu zahlen oder als ein Darlehen, das in Höhe des Ausgleichsbetrages gewährt wird und angemessen zu verzinsen ist, zu tilgen. Darlehn werden jedoch nur in Härtefallen gewährt, wenn die Zahlung nicht mit eigenen oder nicht mit fremden Mitteln geleistet werden kann.

Die Stadt bzw. Gemeinde kann, wie bei der Erhebung von Erschließungsbeiträgen, Vorausleistungen während der Durchführung des Sanierungsverfahrens erheben, die bei der Endabrechnung angerechnet werden.

Die Entscheidung, ob Ausgleichsbeträge erhoben werden sollen, ist keine Ermessensentscheidung der Stadt bzw. Gemeinde, da das Städtebauförderungsgesetz die Erhebung fordert, wenn eine sanierungsbedingte Wertsteigerung des Grund und Bodens festgestellt wird. Das Gesetz lässt jedoch zu, dass die Gemeinde durch besonderen Beschluss auf die Erhebung von Ausgleichsbeträgen verzichten kann. Voraussetzung dafür ist, dass die sanierungsbedingten Bodenwerterhöhungen geringfügig sind und der Verwaltungsaufwand für die Erhebung der Ausgleichsbeträge den Umfang der Einnahmen nicht rechtfertigen würde. Diese Entscheidung bedarf jedoch eines besonderen Nachweises durch entsprechende Stellungnahmen des Gutachterausschusses. Die Entscheidung über den Verzicht auf die Erhebung von Ausgleichsbeträgen bedarf der Zustimmung der Bezirksregierung.