vom 3. März 1996
Immobilienbesitzer in Alfeld machen Front gegen "Ausgleichsabgabe":

Häuser ohne Wert

"Sollte die Ausgleichsabgabe in der bisher bekannten Form kommen, ziehen wir vor Gericht!" Die Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft für Sanierung e. V. Alfeld sind empört und geben sich kämpferisch. Der Grund: Im Zuge der Sanierungsmaßnahme in der Alfelder Kernstadt setzte die Verwaltung die Boden- und Grundpreise in dem Sanierungsgebiet neu fest. Bewertet wurden nicht weniger als 450 Grundstücke. Und die Eigentümer werden - geht es nach der Verwaltung - kräftig zur Kasse gebeten. Bis zu 60 Mark pro Quadratmeter und je nach Lage steigen nach Ansicht der Verwaltung die Bodenpreise durch die vorgenommene Sanierung. Die Differenz vom Bodenwert '83 zum Bodenwert '93 möchte die Stadt von den Eigentümern erstattet bekommen, die seit 1985 vor Ort sind. Doch nicht wenige weigern sich, eventuell zig'tausend Mark zahlen zu müssen!

"Die haben doch größtenteils nur die Straßendecke ausgetauscht und das Kanalsystem auf Vordermann gebracht. Die Höhe der Ausgleichsabgabe steht in keinem Verhältnis zu den ausgeführten Arbeiten", ärgert sich Gerhard Lietz. Zusammen mit rund 40 Mitgliedern der Arbeitsgemeinschaft will man nun gegen die Neubewertung der Grundstückspreise angehen. Denn die Abgabeforderungen haben es teilweise in sich. So kommt es nach Angaben der Arbeitsgemeinschaft zu dem kuriosen Fall, dass bei einem Grundstücksverkauf die daraufstehenden Gebäude praktisch "mitverschenkt" werden!

Auf diesen Missstand verweist auch der ehemalige Obersteuerrat Herbert Fiedler in seiner Ausarbeitung "Gedanken über Alfelds Innenstadt Teil 2". Als Beispiel führt Fiedler ein Grundstück in der Leinstraße an, das im vergangenen September für 700.000 Mark zum Verkauf gestanden haben soll. Da erfahrungsgemäß der tatsächliche geleistete Kaufpreis niedriger liegen dürfte (hier geschätzt auf 650.000 Mark), käme es zu einer fragwürdigen Rechnung:

750 Quadratmeter mal 860 Mark ergeben 645.000 Mark. Das heißt: Die beiden Gebäude hätten demnach einen "Wert" von 5.000 Mark...

Mittlerweile leitete der Rechtsanwalt der Arbeitsgemeinschaft die Ausführungen des Steuerexperten auch an die Alfelder Stadtverwaltung weiter. In dem Antwortschreiben verspricht der zuständige Sachbearbeiter, Fiedlers Ausführungen den Mitgliedern des Planungsausschusses der Stadt Alfeld zugänglich zu machen. Und wörtlich heißt es dann:

"Was die Erhebung von Ausgleichsbeiträgen anbelangt, stehen wir ja bekanntlich erst am Anfang der Diskussion. Ich gehe deshalb davon aus, dass wir noch manches interessante Gespräch miteinander haben werden."

Wie Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft berichten, soll bei einigen Grundstücksverkäufen der Ausgleichsbetrag bereits bezahlt worden sein. Rund 130.000 Mark sollen demnach auf das städtische .Sonderkonto" eingegangen sein. Angesichts der allgemein schwierigen Finanzlage bei Städten und Kommunen fürchtet die Arbeitsgemeinschaft, dass die Stadt Alfeld versuchen wird, die investierten fünf Millionen Mark der insgesamt 15 Millionen Mark teuren Sanierung so weit wie möglich auszugleichen. Rein rechnerisch würde das bedeuten: Jedes Grundstück wäre mit 30.000 Mark zu beteiligen.... "Das können einige von uns gar nicht bezahlen", bringt Gerhard Lietz von der Arbeitsgemeinschaft die Sorgen der Betroffenen auf den Punkt.

Zwischen-Fazit: Es dürfte noch manches interessante Gespräch geben.